Soll die Gemeinde auf die Verpachtung von Windkraftflächen verzichten, obwohl die Mindereinnahmen nur durch eine 67 % höhere Grundsteuer ausgeglichen werden können?

Die vermeintlich simple Lösung des „gordischen Knotens“ bei der Flächenverpachtung für Windkraft scheint durch die Pattsituation im Gemeinderat naheliegend: Die Einwohner sollen nun per Bürgerentscheid das „Zünglein an der Waage“ spielen, nachdem der seit Jahren in diesem Thema wankelmütige und zaudernde Bürgermeister ein klares öffentliches Bekenntnis selbst oder gerade wegen der in 10 Monaten drohenden Bürgermeisterwahl weiterhin verweigert. Was zunächst plausibel und „basisdemokratisch“ klingt – und von der WBB bereits vor über 5 Jahren vorgeschlagen wurde – entpuppt sich als Fallstrick: Das enge Korsett zulässiger Fragen bei einem Bürgerentscheid zwingt zu einer einfachen „Ja“- oder „Nein“-Wahl.

Komplexe Themen lassen sich selten auf „Ja oder Nein“ reduzieren. Ein Negativbeispiel war der Entscheid 2017 zur „Rettung des Lachwalds“ in Stutensee. Verwaltung und Gremium hatten sich auf die Bündelung mehrerer Themen – Infrastruktur, Finanzen und der Bedarf an sozialem Wohnraum – verständigt. Im Bürgerentscheid ging es jedoch nur um die (emotionale) Frage der Walderrettung, während Finanzen und Wohnungsbau unberücksichtigt blieben. Ein langer Wahlkampf sowie Streit und Spaltung der Dorfgemeinschaft wirken bis heute nach.

Die eingangs formulierte Frage ist aus unserer Sicht die einzig faire Möglichkeit, bei einem Entscheid direkt über die finanziellen Konsequenzen abzustimmen. Eine 67%ige Erhöhung der Grundsteuer von 195 auf 325 Punkte entspricht den jährlich 1 Mio. € Pachteinnahmen, die der Bürgermeister als realistisch benannte. Der Mehrbedarf von 3 Mio. € für Kreisumlage, Schulhaus oder unsere vielen Projekt- und Pflichtaufgaben ist den Haushaltsreden zu entnehmen. Müsste der Betrag komplett über die Grundsteuer gegenfinanziert werden, entspräche dies einer utopischen und sozial nicht vermittelbaren Erhöhung um 387 %.

Realistisch betrachtet geht es weder um den ‚Lockruf des Geldes‘ noch um eine Abholzung unserer ‚Restnatur‘ bei nur 0,52 % Anteil der Waldfläche. Eine saubere Abwägung ist Pflicht jedes Mandatsträgers. Doch kann diese auch bei einem Bürgerentscheid gewährleistet werden, der nicht mal die Möglichkeit bietet, die Windkraft zu verhindern? Private Flächenbesitzer warten darauf!

Timo Martin