„Ich bremse auch für Tiere – bitte Abstand halten“ – dieser Aufkleber zierte in den achtziger und neunziger Jahren Heckscheibe oder Kofferraum zahlreicher maßvoll motorisierter Familienkutschen und sollte die nachfolgenden Autofahrer auf die Möglichkeit spontaner Bremsmanöver hinweisen. Doch genau so, wie Ford Escort, Opel Ascona oder Mercedes 220 aus dem heutigen Straßenbild verschwunden und durch Modelle mit meist höherer Leistung und aggressiverer Optik ersetzt wurden, scheint auch die damalige Bereitschaft zur Rücksichtnahme einer anderen Mentalität Platz gemacht zu haben. Nicht nur wird Bremsen eher als ein Akt der Schwäche als des verträglichen Miteinanders empfunden, sondern in zunehmendem Maß werden Fahrzeuge auf Strecken und Wegen bewegt, die eigentlich dem landwirtschaftlichen Verkehr und den Bewohnern der freien Landschaft vorbehalten sind und wo daher die Wahrscheinlichkeit eines Wildunfalls besonders gegeben ist.
Insbesondere der Abkürzungsverkehr durch das Weingartener Mauertal als Folge der Bauarbeiten in der Jöhlinger Straße hinterlässt eine traurige und blutige Bilanz: Sechs Füchse, die gleiche Anzahl Dachse, vier Rehe, ein Wildschwein und eine Kreuzotter fielen seit Beginn der Baumaßnahme Ende Juli dem ordnungswidrigen Schleichverkehr zum Opfer. Nicht mitgezählt sind dabei die zahlreichen Amphibien und Singvögel, für die die abwechslungsreiche Landschaft des Kirch- und Heubergs unweit des Weingartener Moors eine besondere Rückzugsmöglichkeit darstellt. Für Roger Gilpert, den langjährigen Pächter des dortigen Jagdbogens und Jäger aus Passion sind es keinesfalls wirtschaftliche Motive, wenn er über Ignoranz, Rücksichtslosigkeit, zunehmende Ordnungswidrigkeiten und mangelnde Kontrollen durch die Behörden klagt: „Wer einmal einem schwerstverletzten Rehkitz, das sich zum Sterben ins Gebüsch zurückgezogen hat, in die traurigen Augen geschaut hat, wird dieses Bild nicht so schnell wieder los. Es ist für mich unverständlich, wie wir einerseits hektarweise Blühmischungen aussäen, um Niederwild in Feld und Flur wieder anzusiedeln, und andererseits völlig gleichgültig gegenüber dem Gemetzel auf unseren Feldwegen sind. Gerade der Schleichverkehr auf der Gemarkung stört empfindliche Wechselbeziehungen für das Wild, und in den nun rapide länger werdenden Nächten wird die Gefahr von Kollisionen noch weiter ansteigen“. Zusammen mit Gilpert fordern zahlreiche Jäger, Landwirte, Spaziergänger und Naturliebhaber eine stärkere Präsenz der Verkehrsbehörden und ein Ende der derzeitigen Toleranz gegenüber der ordnungswidrigen Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Wege.