Es ist paradox. Während einerseits Bürgerbeteiligung immer größer geschrieben wird und allein zur Sanierung der Jöhlinger Straße bereits fünf Informationsveranstaltungen stattgefunden haben, läuft auf einer anderen Ebene genau eine entgegengesetzte Entwicklung ab. Sollen bestimmte politische Ziele möglichst reibungslos verwirklicht werden, so verlagert man einfach per Gesetz die Entscheidungsbefugnis auf eine höhere Ebene. Fernab vom Tagesgeschehen lässt es sich dann ungestört agieren, und kaum ein Bürger ist dazu in der Lage, in vollem Umfang in der Presse die Hinweise auf eine Offenlage bestimmter Planungsunterlagen oder Studien mitzuverfolgen.
So auch beim Thema Windräder in der Region Karlsruhe. Nicht die einzelnen Kommunen entscheiden im Rahmen ihrer Planungshoheit über die Genehmigung der raumwirksamen Anlagen, sondern ein Nachbarschaftsverband, in dem alleine die Stadt Karlsruhe 60 Prozent der Stimmen innehat und sich die einzelnen Umlandgemeinden in Abhängigkeit von ihrer Einwohnerzahl den Rest untereinander teilen dürfen. Über gerade zwei Stimmen verfügt Weingarten derzeit in der Verbandsversammlung. Schon alleine konstruktionsbedingt überwiegen also städtische Interessen und greifen somit tief in die Lebenswirklichkeit des ländlichen Raums ein. Aufgabe einer sorgfältig agierenden Verwaltung wäre es daher, den Gemeinderat unverzüglich über die relevanten Beratungs- und Entscheidungsprozesse im Nachbarschaftsverband zu informieren, um frühzeitig den ohnehin schwachen Einfluss geltend machen zu können.
Im Falle der Ausweitung der Konzentrationsflächen für Windenergie auf den Höhenrücken des Kirchbergs hat die Kommunikation zwischen Weingartener Verwaltung und Gemeinderat überhaupt nicht stattgefunden beziehungsweise völlig versagt. Bereits seit Mai 2018 war der Verwaltung die Vergrößerung der Fläche auf rund 77 Hektar bekannt – erst im Frühjahr 2019 erfolgte eine Information. Die Tatsache, dass sich nicht nur der Gemeinderat, sondern auch die breite Öffentlichkeit im Vorfeld nur unzureichend mit der modifizierten Planung befassen konnten, war schließlich Auslöser für den WBB-Antrag, vor einer abschließenden Entscheidung eine Bürgerinformationsveranstaltung durchzuführen. Zwei CDU-Gemeinderäte unterstützten den Wunsch, zuerst zu informieren und dann zu beschließen. Die große Mehrheit lehnte diesen Antrag ab, denn es reicht ja schließlich, zu informieren, wenn alles schon beschlossen ist. Bürgerbeteiligung auf Weingartener Art!