25 Jahre WBB – das bedeutet ein Vierteljahrhundert Bürgerbewegung in Weingarten, ein Vierteljahrhundert unabhängige lokalpolitische Kraft im Gemeinderat. Wahrhaftig ein Grund zu feiern, und deswegen lud die WBB am 14. März 2019 ihre Mitglieder, Freunde und die politische Öffentlichkeit in den Festsaal des Goldenen Löwen ein.
Zu den stilvollen Klängen des Duos “Noble Jazz” wurde geplaudert, gut gegessen und getrunken. Aber nicht nur das – zahlreiche Redner würdigten die WBB, überbrachten Grüße und gaben Impulse zum Nachdenken über den hohen Wert lokalen politischen Engagements.
Herzlichen Glückwunsch, WBB!
Die Rede zum Jubiläum von Matthias Görner
Die Gefahren für junge politische Parteien und Bewegungen sind vielfältig. Oftmals tragen die Euphorie und die Ideen der Gründungsphase nicht sehr weit. Ernüchterung breitet sich aus. Der Kontakt mit der Alltagswirklichkeit verschleißt, Richtungs- und Flügelkämpfe lodern auf, persönliche Differenzen lähmen das gemeinsame Projekt. Und gelingt es dann trotz aller Widrigkeiten tatsächlich, sich gegen eine Vielzahl an Wettbewerbern zu behaupten und mit einer kleinen Schar motivierter gewählter Vertreter in die Parlamente Einzug zu halten, so ist das Schlimmste keineswegs überstanden. Altparteien rücken plötzlich zusammen, um das Vorwärtskommen der Eindringlinge zu behindern, die Verbindung zur eigenen Basis geht im Routinebetrieb verloren, man wird zu Entscheidungen und Kompromissen genötigt, für die die eigenen Mitglieder kein Verständnis aufbringen. Resignation und innere Kündigung sind die Folge. So ist es kein Wunder, dass die einst stolz geschwellten Segel der Piratenpartei nun schlaff und traurig an den Masten hängen, dass das politische Lebenswerk eines Bernd Lucke aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet und dass selbst eine Sahra Wagenknecht nicht mehr länger aufstehen möchte, sondern diesen vor wenigen Wochen stolz verkündeten Kraftakt nun anderen überlässt. Nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in unserer direkten Nachbarschaft sind schon einige Neugründungen der letzten Jahre still verschwunden.
All diese Mechanismen und Zwangsläufigkeiten waren den gut zwanzig Gründungsmitgliedern, die sich heute vor 25 Jahren im Nebenzimmer der Gaststätte „Zum kühlen Krug“ versammelt hatten, bei weitem nicht bewusst. Man war sich einig in der Ablehnung einer projektierten Umgehungsstraße, die sich wie ein Korsett um Weingarten und zwischen die Waldbrücke und den Ortskern gelegt hätte. Man war verbunden in der Sorge um die kommunalen Finanzen und hatte das gemeinsame Gefühl, dass technokratische Visionen den Charakter Weingarten grundlegend – und nicht immer in positivem Sinne – verändern sollten. Mit diesem Empfinden waren die knapp zwei Dutzend Rebellen nicht alleine, sondern sie wurden ermutigt durch eine deutlich spürbare und zugleich geheimnisvolle Atmosphäre der allgemeinen Unzufriedenheit. Manchmal war es nur ein Raunen, mitunter ein deutlicher Hinweis, dass etwas geschehen sollte.
Wie es dann weiterging ist Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, in groben Zügen sicherlich bekannt. Das zarte Pflänzchen mit dem etwas sperrigen Namen „Weingartener Bürgerbewegung“ hat nicht nur sämtliche Kinderkrankheiten überstanden, sondern seinen Platz im politischen Terrain Weingartens gefunden. Mit dieser Feststellung soll keineswegs verschwiegen werden, dass die WBB nicht auch sämtliche Durststrecken und Phasen der Stagnation mitgemacht hätte, die alle anderen Parteien und Vereinigungen ohne Zweifel schon erlebt haben, und es wäre sicherlich interessant, der Frage nachzugehen, welche Faktoren letztendlich die Aufwärtsentwicklung der WBB begünstigt haben. Waren es die Personen? War es die Motivation? War es der Instinkt für die richtigen Themen? War es die frühzeitige Nutzung moderner Kommunikationsmittel, die plötzlich in einem noch nie gekannten Umfang zur Verfügung standen? War es der allgemeine Rückenwind, den die unabhängigen Listen in den letzten Jahren landauf landab erfahren? Oder war es ganz einfach – Glück?
Wie auch immer die Antwort ausfallen mag, die Freude darüber, dass wir gemeinsam so weit gekommen sind, ist Anlass des heutigen Abends. Ganz besonders freut und ehrt uns dabei, dass wir unsere heutige Feier nicht nur mit unseresgleichen begehen, sondern Mitglieder aller im Gemeinderat vertreten Fraktionen als Gäste begrüßen dürfen. Dies bedeutet noch lange nicht, dass wir hinter verschlossenen Türen Absprachen treffen und miteinander kuscheln würden. Unsere Ideen und Positionen sind oftmals weit voneinander entfernt, wir ringen miteinander und stehen in einem mitunter harten gegenseitigen Wettbewerb. Doch gerade in einer Zeit, in der das politische Interesse im Schwinden begriffen ist, lernt man, das Engagement der Konkurrenten zu achten und zu schätzen, und ich hoffe, es klingt nicht zu sehr nach Selbstlob, wenn ich hier behaupte, dass sich die gemeinsam oder im Wettstreit gefundenen Ergebnisse der letzten Jahre durchaus sehen lassen können.