Die Welt in Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer einzuteilen ist ein beredtes Zeichen der Arroganz mancher Nationen, die sich über andere erheben, ohne selbst sicher zu sein, dass ihre eigene Lebens-, Produktions- und Wirtschaftsweise auf lange Sicht tragfähig ist. Geht es nach dem Willen der Weingartener Verwaltung, so soll sich unser Ort zwar nicht von einer Industrie-, aber immerhin von einer Weinbaugemeinde jedoch allmählich in ein Schwellendorf verwandeln. Sage und schreibe vierundzwanzig Standorte waren von der Verwaltung für die Installation von geschwindigkeitsreduzierenden Fahrbahnhindernissen vorgesehen, obwohl sich die Mehrheit des Ausschusses für Umwelt und Technik bereits in der Vergangenheit skeptisch gegenüber solchen Plänen gezeigt hatte. Dementsprechend schwer hatte es Bürgermeister Bänziger in der Sitzung des AUT am 19. Februar, eine Mehrheit für die Beschlussvorlage zu finden, und lediglich vier der vierundzwanzig vorgesehenen Einbauorte erreichten den nötigen Schwellenwert von fünf Ja-Stimmen im Ausschuss, während die zwanzig Übrigen von dem Gremium verworfen wurden.
Bereits im Vorfeld hatte sich die WBB-Fraktion beraten und die künstlichen Hindernisse als wenig hilfreich eingestuft. Sie stehen zum einen dem Ziel der Fraktion, ein fahrradfreundliches Weingarten zu schaffen, diametral entgegen und erweisen sich außerdem wegen des Lerneffekts ohne die Durchführung regelmäßiger Geschwindigkeitskontrollen als kaum oder nur punktuell wirksam. Gerade zu einem Vollzug der geltenden Vorschriften scheint man aber immer weniger bereit, wie man bei einem abendlichen Hindernislauf (früher: Spaziergang) über zugeparkte Gehwege und Freiflächen im erweiterten Ortskern unschwer erleben kann. Es muss nicht alles reglementiert sein, und die WBB ist gerne zu einem Rückschnitt des örtlichen Vorschriftendschungels bereit. Was jedoch beschlossen ist, sollte dann auch konsequent vollzogen werden – bauliche Maßnahmen sind allzu oft Zeichen von Aktivismus ohne jede Abschreckungs- dafür aber mit reichlich Alibifunktion.