Weingarten finanziell auf der Insel der Glückseligen?
Während die Finanznot vieler Kommunen – teils mit Hilferufen an die Landesregierung – medial allgegenwärtig ist, scheint im hochverschuldeten Weingarten alles weiter seinen gewohnten Gang zu gehen. Millionenprojekte wie Kirchberg–Mittelweg oder die Burgstraße werden nicht abgespeckt, sondern nach dem Motto „Augen zu und durch“ umgesetzt. Verwaltungsvorschläge münden häufig in gönnerhafte Mehrausgaben – oder gar in Mindereinnahmen, wie jüngst bei den Hallenkosten, die nach 17 Jahren Stagnation erst 2024 angepasst wurden. Selbstverständlich spielt eine nahende Bürgermeisterwahl dabei keine Rolle. Und das Wort „Haushaltskonsolidierung“? Meist in Haushaltsreden inflationär bemüht, verliert es danach jede praktische Bedeutung. Die WBB hat nun erreicht, dass das Thema als „Dauertagesordnungspunkt“ die Sitzungen des Verwaltungsausschusses fortan flankieren. Gerüchte einer liberalen Fraktion, der HH hätte noch mehrere Mio. € Luft, würden wir gerne konstruktiv auf den Grund gehen, zumal wir seit Monaten auf Vorschläge warten! Nur über das Thema zu reden ersetzt kein politisches Handeln. Auch die Schulhausfinanzierung mit einem Volumen von 50 bis 70 Mio. € ist rund zehn Jahre nach dem „Brandbrief der Schulleitung“ und 19 Monate nach dem Grundsatzbeschluss völlig ungeklärt – obwohl wir uns schon im sechsstelligen Bereich für (Vor-)Planungskosten befinden. Zuletzt wurde dem Rat eine Zustimmung abverlangt, für rund 64.200 € ein Gutachten zum „Zustand“ des Altbestands in Auftrag zu geben. Je schlechter die Liegenschaften bewertet werden, desto höher erhofft man sich die Förderzusagen – wohlgemerkt ohne jede Garantie. Müssen wir jetzt tatsächlich auf Asbestfunde hoffen, um eine nennenswerte Förderung zu erhalten? Bemerkenswert am Rande: Der Auftragnehmer ist zugleich Projektsteuerer – ob ein günstigeres Gutachten möglich gewesen wäre, blieb dem Rat sprichwörtlich erspart.
Wer sich gegen dauerhafte Millionenerlöse aus erneuerbaren Energien sperrt, handelt finanziell wenig weitsichtig. Noch wirkt Weingarten wie eine Insel der finanziellen Glückseligen – doch der Kassensturz naht. Im Herbst 2025 wird sich bei den HH-Beratungen zeigen, wie die gestiegene Kreisumlage gegenfinanziert wird. Eine Grundsteuererhöhung steht seitens des Bürgermeisters im Raum. Wir erwarten belastbare Alternativen.
Timo Martin (Fraktionsvorsitzender)